Auto Polieren - Was bedeutet denn das?

Auto Polieren - Was bedeutet denn das?

28.07.2022 in Produktkunde

Die Geschichte der Autopolitur ist eine Geschichte voller Missverständnisse

Die Älteren unter uns werden diesen abgewandelten Werbeslogan für Hygiene-Produkte vielleicht noch kennen und eigentlich ist dessen x-te Abwandlung abgedroschen. Aber für unseren Blogbeitrag zum Thema Autopolitur kramen wir ihn noch mal raus...

Von der Sache her ist der Spruch mehr als zutreffend. Der Klassiker in unseren Beratungen ist seit eh und je folgendes Szenario: Kunde fragt nach einer Lackpolitur, um sein Auto mal wieder "richtig zu polieren". Im Beratungsgespräch kommt auf unsere Nachfrage, was denn die Zielsetzung der Auto-Politur sein soll, nicht selten eine der folgenden Antworten:

  • Der Wagen soll ordentlich abperlen
  • Der Wagen soll richtig glänzen

Auch wenn eine Autopolitur mehr oder weniger mit diesen Wünschen zu tun hat, so ist es meist nicht das, was der Fragesteller sucht. 

Es geht aber auch andersherum! In unserer Aufbereitung kommen immer wieder Kunden vorbei, um ihr Auto für eine Beratung vorzuführen. Sobald wir das Wort „Politur“ in den Mund nehmen, kommt da gerne reflexartig der Satz "Der Autolack muss nicht poliert werden, der ist kratzerfrei". Wenn vor uns dann ein mehrere Jahre altes Fahrzeug mit dunklem Lack steht, müssen wir dann schon innerlich etwas grinsen, da die Fahrzeuge eigentlich IMMER verkratzt sind. Im Sonnenlicht offenbaren sich dann die typischen Waschkratzer und Wirbel / Kreise, was definitionsgemäß eben KRATZER oder einfach Lackdefekte sind. Solch ein Auto sollte man dann definitiv polieren! ;-)

Lackkratzer

Ich höre immer etwas von Kratzer raus polieren, aber was bedeutet das?

Einfach gesprochen, arbeitet eine Politur mit abrasiven (schleifenden) Stoffen. Diese Schleifkörper im Poliermittel sorgen dafür, dass die oberste Lackschicht sinngemäß angeschliffen und so deren Dicke reduziert wird. Durch diesen Vorgang wird der Lack bestenfalls auf die Tiefe des sichtbaren Kratzers angeglichen bzw. bei starken Kratzern dessen Kanten „gebrochen“, was diese dann weniger sichtbar macht.

Wenn wir also ein Auto polieren, dann polieren wir fachlich betrachtet keine Kratzer raus, sondern gleichen den Lack drumherum auf das Niveau des Kratzers an. Umgangssprachlich kann man schon davon sprechen, dass wir hier Kratzer im Lack entfernen, auch wenn das ganz fachlich betrachtet nicht 100% korrekt wäre. 

Brett vorm Kopf? Wir helfen!

Stellt Euch ein glattes Holzbrett vor, in welches Ihr tief eine Kerbe ritzt. Diese Kerbe könnt Ihr nicht mehr entfernen, die ist drin im Holz. Ihr könnt aber einen Hobel oder eine Schleifmaschine nehmen und das Brett damit bearbeiten. Sämtliches Holz wird um die Kerbe herum abgetragen, bis Ihr auf der Tiefe der Kerbe angekommen seid und diese dann nicht mehr sichtbar ist. Auch hier würde man sinngemäß diese Kerbe entfernen, hat aber auch lediglich das Umfeld des Kratzer angeglichen.

Ihr könnt Euch vielleicht schon das Problem anhand des Beispiels mit dem Holzbrett vorstellen: Wir verlieren je nach Stärke der Politur Schleifkörnung einiges an intaktem Material, um die Schäden zu beseitigen. Und wie das Holzbrett auch, ist unser Lack ebenfalls nicht unendlich dick! 

Somit könnt Ihr Euch nun auch vorstellen, wie schwierig es sein kann, wenn man tiefe Kratzer im Lack entfernen will. 

Nach Fest kommt ab - das wars dann mit dem Lack

Bei moderneren Fahrzeugen ist der Decklack der sogenannte Klarlack, während sich darunter die Farbschicht befindet. Dieser Klarlack sorgt für Glanz und einen Schutz der Farbschicht. Darum tritt auch bei älteren Fahrzeugen ohne diesen Klarlack das berüchtigte Verblassen auf. Aus einem Unirot wird dann gerne mal Schweinchenrosa. Hier rührt übrigens auch das Eingangs erwähnte "Der Lack soll mal wieder richtig glänzen" her, da ungeschützte Einschichtlacke eben immer stark verblassten.

Wir schlussfolgern daraus: Wenn wir ein moderneres Auto polieren, ist die Klarlackschicht unser Arbeitsbereich. Wenn diese weg ist, ist es kein Job mehr für einen Fahrzeugaufbereiter und seine Poliermaschine, sondern leider für den Lackierer. Im Falle einer Beschädigung des Klarlacks durch eine Politur bzw. Aufbereitung, sprechen wir umgangssprachlich von "durchpoliert". Auch wenn ein Kratzer die Grundierung beschädigt hat, wäre dieser im Lack nicht mehr zu entfernen.

Wie viel Fleisch ähm Lack steht mir für die Autopolitur zur Verfügung?

Das lässt sich leider nicht pauschal sagen. Zunächst: Wir sprechen bei Lackdicke von der Maßeinheit µ, was "mü" ausgesprochen wird. Diese kann bei Autolacken im Prinzip jeden erdenklichen Wert von mittleren zweistelligen Werten (z.B. 60 my) bis zu höheren dreistelligen Werten im Bereich von 100-300my haben. Diese sind nur durch Messgeräte, sogenannte Schichtdickenmesser feststellbar. Wir bieten diese im Shop beispielsweise von der Firma NEX DIAG  mit moderner App Steuerung an.

Bedauerlicherweise haben diese Geräte im „unteren bis mittleren Preissegment“ (und wir sprechen da von bis zu einigen Hundert Euro) ein großes Manko: Die Sensoren messen immer die GESAMTDICKE des Lackes, der sich zwischen Messfühler und dem Blech befindet. Dummerweise liegt dazwischen in der Regel eine Grundierungsschicht, ein Füller, der Basis/Farblack und der besagte Klarlack. Die Gesamtsumme ergibt dann das Messergebnis. Erst absolute Hightech Geräte, die mehrere tausend Euro kosten, sind in der Lage differenziert die jeweiligen Schichten zu messen.

Jetzt kann man munter das Internet bemühen, wie stark die Schichtdicke denn im Normalfall so sein sollte. Spart Euch die Mühe, denn entweder handelt es sich um vollkommen unbrauchbare von-bis Angaben oder schlichtweg um falsche Werte, die mal viel zu hoch, aber gerne auch viel zu niedrig angesetzt sind. Um Euch dennoch mal einen Mittelwert zu geben: Bei aktuellen Fahrzeugen haben wir in der Aufbereitung meist Schichtdicken im Bereich von 100my - mal weniger, mal etwas mehr.

Ein weiteres Problem der Messgeräte ist übrigens, die nicht mögliche Messung auf Carbon oder Kunststoffen, was besonders bei Anbauteilen wie Stoßstangen oder Spoilern kritisch ist.

Schichtdickenmessgerät

Helfen uns diese Angaben, wenn es um die Autopolitur geht?

Die ehrliche Antwort ist: Nur bedingt! Einerseits ist es gut, die gesamte Lackdicke zu wissen. Wenn man unter normalen Bedingungen davon ausgeht, dass Grundierung und Füller etwa 30-40my aufbringen und ein Farblack mit etwa 20my zu Buche schlägt, würde eine 100my Gesamtschichtdicke bedeuten, uns stehen ca. 40my Klarlack für die Politur zur Verfügung. Wohlgemerkt: CIRCA!!! 

Nun gibt es dabei 2 Probleme, die Euch beim Auto Polieren in die Parade fahren können: 

Sämtliche Automobilhersteller sind auf Kosteneffizienz getrimmt. Das bedeutet, dass die lackierten Schichten durch moderne Verfahren immer dünner werden, weshalb alle Angaben immer ungefähre Werte darstellen. Diese können je Schicht einige my geringer ausfallen und schon ist das gesamte Rechenspiel für die Katz.

Zusätzlich haben Hersteller wie BMW oder VW durch Umstellung der Lackierstraßen mittlerweile Verfahren eingeführt, die eine Füllerschicht obsolet machen. Dies wird in der Szene gerne fälschlicherweise als „geringe Schichtdicke“ gewertet, bedeutet aber erst einmal nur, dass der ~ 20my starke Füller wegfällt! Dies heißt aber nicht, dass auch der Klarlack in der Dicke geschrumpft ist. Dennoch kann man auch hier nicht erkennen, ob man einen solchen Lack ohne Füller vor sich hat, man sieht lediglich eine deutlich geringere Gesamtschichtdicke von z.B. 80my.

Schichtdickenmessgerät

Aus diesem Grund halten wir uns bei der Autopolitur immer an das Motto unserer amerikanischen Freunde von den KXK Schleifblöcken: Sand to improve, not to remove! Was übersetzt bedeutet: Schleifen, um den Lack zu verbessern, nicht um ihn zu entfernen! Etwas doppeldeutig, denn es geht darum, beim Auto polieren nicht um den letzten Kratzer im Autolack zu kämpfen, da man sonst Gefahr läuft nicht nur den Kratzer zu entfernen, sondern auch den Klarlack.

In jedem Fall sind solche Schichtdickenmessgeräte eine Hilfe, wenn Ihr Kratzer im Lack entfernen wollt und geben Euch dabei eine gewisse Sicherheit.

Wie oft kann ich ein Auto polieren?

Die Frage aller Fragen! Seriös nicht zu beantworten, da der Lack Abtrag immer abhängig von der verwendeten Autopolitur ist. Dies kann von unter 1my sein, bei sehr starkem Poliermittel aber auch gut und gerne 5my oder mehr. Hat man nun einen bereits sehr dünn lackierten oder oft stark polierten Lack unter den Polierpads, wird die Luft langsam dünn.

Es sollte einem daher immer bewusst sein, dass man bei der Politur IMMER Klarlack abträgt. Per Hand weniger als mit der Maschine, mit milder Politur weniger als mit einer extra scharfen Waffe - aber man entfernt Klarlack. Und gerade wenn man den Wagen lange behalten möchte, verringert jede Politur weiter die vorhandene Schichtdicke und eines Tages greift das Motto: NACH FEST KOMMT AB!

Ist Schleifen was anderes als Polieren?

Wo wir gerade beim Thema Schleifen sind: Im Prinzip sind sämtliche Aufarbeitungen der Lackoberfläche ein Schleifvorgang. Die abrasive Politur schleift Teile des Lackes runter, aber auch ein Schleifpapier mit entsprechender Körnung von z.B. 1000, 2000 oder 3000. Je niedriger die Zahl, umso gröber ist der Schliff, umso stärker der Abtrag des Klarlacks. 

Somit machen beide Schritte erst einmal das Gleiche. Bei einem Schliff mit Schleifpapier (der sowohl trocken als auch nass erfolgen kann) erzielt man jedoch einen deutlich höheren Abtrag. Dies kann Sinn ergeben, wenn man extrem tiefe, isolierte Kratzer und Schäden bearbeiten will. Hier würde man sich einen Wolf polieren, um diese zu verbessern, weshalb man zum Schleifpapier greift. Wichtig dabei: Egal, wie fein man hoch schleift, die letzten Spuren müssen mit einer Autopolitur entfernt werden, um einen lupenreinen Glanz zu erhalten.

KXK RID STIX

Lack geschliffen

Durch Handauflegen ist noch keiner geheilt worden

Die große Gretchenfrage beim Thema Auto Polieren: Hand oder Maschine? Während immer wieder Leute behaupten, mit Handpolitur wäre einem Lackkratzer kein Blumentopf zu gewinnen, beweisen wir gerne im Rahmen unserer Workshops das Gegenteil und zeigen auch per Handpolitur relevante Erfolge. 

Fakt ist natürlich: Die Handanwendung ist anstrengender, zeitaufwendiger und in der Tat je nach Ausgangslage nie so erfolgreich wie eine maschinelle Autopolitur. Auch spielt dabei ebenso die richtige Wahl der Polituren und Poliermittel eine Rolle. Aber man kann deshalb nicht jedem, der an der Politur seines Autos Interesse hat, zwingend eine Poliermaschine anraten.

Gerade für Anwender, die in einer Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus leben, haben oft keinerlei Chance, mit Strom arbeiten zu können. Und glaubt uns, mit dem richtigen Equipment klappt das Auto Polieren auch per Hand durchaus angemessen.

Wer also die Möglichkeit hat „unter Strom“ zu arbeiten, der sollte sich überlegen den Invest zu tätigen und eine Poliermaschine kaufen. Als Budget wären hier beispielsweise bei unserem

Poliermaschineneinsteigerset

etwa 250 € notwendig, um ausgezeichnete Ergebnisse zu erzielen. In diesem Poliermaschinen Sparpaket haben wir Euch alles Relevante für den Einstieg eingepackt, von der Politur bis zum Polierpad und natürlich dem passenden Poliertuch. Nach oben ist hier wie so oft kaum eine Grenze. 

Flex Poliermaschine

Was benötige ich, um ein Auto zu polieren?

Im Prinzip ist es ganz simpel. Man benötigt mindestens eine passende Autopolitur, ein Polierpad für die Handanwendung und ein Mikrofasertuch zum Auspolieren der Rückstände. Und Körperkraft, da das Autopolieren per Hand mit Kraftaufwand verbunden ist. Wenn man eine Poliermaschine verwendet, um das Auto zu polieren, benötigt man entsprechend ein passendes Polierpad für die Maschine.

Als absolute Grundvoraussetzung ist das erst mal alles, wenn ihr Kratzer im Lack entfernen wollt. Weitere Details zu Polituren und der richtigen Pad Wahl, würden an dieser Stelle den Rahmen sprengen und wird in einem gesonderten Blog Beitrag behandelt.

Übrigens: Im Onlineshop findet Ihr unsere interaktiven Berater, um mit wenigen Klicks die passenden Polierpads oder Polituren für Euren Lack zu finden. Gerne beraten wir Euch aber auch persönlich via Hotline oder Live Chat.